Sport

Strümpfe für den Leistungsport – Unter Druck zu höherer Leistung? – Kompressions-Strümpfe auf dem Prüfstand

Nach dem Trend ist vor dem Trend: Zuerst war es nur die Marke, die Amateure von Profis übernahmen; dann folgte die komplette Ausrüstung. Mittlerweile gehen sogar Breitensportler/-innen noch einen Schritt weiter – indem sie zu leistungssteigernden Hilfsmitteln greifen.

Kompressions-Strümpfe sind der letzte Schrei in Sachen Fitness-Ausstattung. Ist das modischer Firlefanz oder bringt es mehr als scheele Blicke?

Sinn und Unsinn von Spezial-Kleidung

Zugegeben: Bei einigen Sportarten ist eine Spezial-Ausrüstung unerlässlich. Geht es um den Schutz von Leben und Gesundheit dürfen sich Laien gern am Equipment der „Großen“ bedienen und professionelle Ausstattungs-Gegenstände wählen. Reiten, Klettern oder Hockeyspielen können ohne Kopfschutz tödlich enden – und für viele andere Disziplinen wird Protektoren-Pflicht zunehmend intensiver diskutiert.

Doch nicht nur Gefahrensituationen erfordern eine besondere Ausrüstung. In manchen Sportarten werden bestimmte Bewegungsabläufe überhaupt erst möglich, wenn Aktive besondere Kleidungsstücke tragen. Fußballschuhe mit Stollen oder schmal geschnittene Speedsuits sind die besten Beispiele für Spezial-Equipment, ohne das es partout nicht geht.

Des Weiteren gibt es Ausstattungs-Stücke, die den Sport einfacher oder angenehmer machen. In Breeches sitzt es sich deutlich bequemer auf dem Pferd als in eng anliegenden Jeans und ein temperaturausgleichendes Funktions-Shirt ist nicht nur komfortabel, sondern kann sogar leistungssteigernd wirken.

Schließlich und endlich ist da noch das Bedürfnis, Gruppenzugehörigkeit zu demonstrieren. Im Trikot des Lieblingsvereins zu trainieren oder sich als „Reitermädchen“ zu kennzeichnen, kann verbindend wirken und den Spaß am Sport um ein Vielfaches erhöhen. Intensiviert wird das Ganze durch einheitlich gestaltete Outfits und / oder die Wahl einer bestimmten Marke.

Der angestrebte Nutzen von Kompressions-Strümpfen

So viel zur Notwendigkeit, spezielle Sportkleidung zu tragen. Wie aber passen Kompressions-Strümpfe in dieses Bild? Sie dienen weder dem Schutz noch der Bequemlichkeit und sind weder notwendig noch attraktiv. Was also verleitet Sportler aller Couleur, dieses Accessoire zu wählen? Und wie – um alles in der Welt – hat es überhaupt den Weg in die Sportabteilungen gefunden?

Antworten darauf liefert der ursprüngliche Einsatz von Kompressions-Strümpfen. Sie entstammen der Ausstattung von Raumfahrern und dienten eigentlich dazu, das Herz-Kreislauf-System in der Schwerelosigkeit zu entlasten. Ihr damit verbundener Nutzen sprach sich schnell herum und machte Kompressions-Strümpfe zum weit verbreiteten Prophylaxe- und Therapie-Mittel.

Im irdischen Gebrauch dienen sie der Vermeidung von Thrombosen und unterstützen die Blutzirkulation bei bestehenden Venenerkrankungen. Um das leisten zu können, liegen Kompressions-Strümpfe stramm am Unterschenkel an und üben dadurch einen gewissen Druck aus. Er sorgt dafür, dass das Blut leichter zum Herzen transportiert und besser mit Sauerstoff angereichert wird. Zudem verhindern die Strümpfe durch das Zusammenpressen von Gewebsschichten eine Flüssigkeitsablagerung.

Effekte, die sowohl vorbeugend als auch therapeutisch genutzt werden. Ihre bekannteste Anwendung finden Kompressions-Strümpfe auf Langstreckenreisen, bei Bettlägerigkeit, während der Schwangerschaft sowie bei Patienten mit Venenschwäche, Krampfadern u.ä. Leiden.

Sie dürfen jedoch nicht mit Stützstrümpfen verwechselt oder gar gleichgesetzt werden. Medizinisch relevante Kompressions-Ware ist wesentlich dichter gewebt, immer nahtlos gearbeitet und sowohl längs- als auch querelastisch. Ihre Fertigung erfolgt nach feststehenden Standards und unterliegt regelmäßigen unabhängigen Prüfungen.

Aus diesen Eigenschaften bzw. Ansprüchen ergibt sich eine hohe Wirksamkeit auf den gesamten Unterschenkel. Die bereits beschriebene Kompression beeinflusst nicht nur die Durchblutung und die Sauerstoffzufuhr – sondern stabilisiert auch die Muskeln, Gelenke und Sehnen. Dadurch können die Strümpfe Verletzungen vorbeugen und die Regeneration fördern.

Darüber hinaus kurbeln Kompressions-Strümpfe den Stoffwechsel an und führen so zu einem beschleunigten Laktatabbau. Das schützt die Muskeln vor Übersäuerung, beugt Ermüdungserscheinungen vor und hilft, Muskelkater zu verhindern.

Nicht zuletzt punkten die stramm sitzenden Beinkleider auch durch ihre nahtlose Verarbeitung. Wo nichts drückt, können weder Missempfindungen noch Blasen entstehen – und keinen negativen Einfluss auf die sportliche Leistung ausüben.

Wissenschaftliche Meinung zu Kompressions-Strümpfen

Die genannten Effekte wurden inzwischen mehrfach geprüft. Wissenschaftler verschiedener Einrichtung haben die Wirkung von Kompressions-Strümpfen an Proband/-innen getestet und die Ergebnisse ausgewertet. Dabei kamen sie zu überraschenden Schlussfolgerungen:

Eine Studie am Leipziger [i]Institut für Angewandte Trainingswissenschaft, Fachbereich Sportmedizin[/i] hat ergeben, dass durch den ausgeübten Druck ein positiver Effekt auf die Venenfunktion, die Durchblutung und die Sauerstoffversorgung besteht.

Nach Erkenntnis der [i]Hohenstein Institute[/i] im baden-württembergischen Bönningheim führen Kompressions-Strümpfe zu einer beschleunigten Muskelerholung. Sie mindern durch Belastung entstehende Muskelschmerzen bzw. -schwellungen und beschleunigen die Wiederherstellung der körpereigenen Sprungkraft.

Kritiker halten dem entgegen, dass Kompressions-Strümpfe allenfalls einen Placebo-Effekt haben und die Leistungssteigerung bzw. die verkürzte Erholungsphase auf bloße Einbildung zurückzuführen ist. Doch selbst, wenn dem so ist, erfüllen die Textilien ihren Zweck – und sind um einiges legitimer als andere Hilfsmittel.

Hinzu kommt, dass es kaum einen Grund gibt, die Strümpfe NICHT zu tragen. Sie können von fast allen Personen bedenkenlos angelegt werden und finden über den Sport hinaus zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten.

  • Venenleiden,
  • Bindegewebsschwäche,
  • schlechte oder mangelhafte Durchblutung,
  • Thrombose-Gefahr wie sie durch die Einnahme von Medikamenten besteht und
  • aufgeschwemmte Beine im Zuge einer Schwangerschaft

sind die bekanntesten davon.

Tipps zur Auswahl von Kompressions-Strümpfen

Welche Art von Kompressions-Strümpfen für Dich in Frage kommt, ist eine Frage der Belastung und des persönlichen Geschmacks. Um festzustellen, ob eine medizinische Indikation besteht, kannst Du Dich einer sogenannten Phlebografie unterziehen. Dabei macht ein Kontrastmittel den Blutfluss in den Venen sichtbar – und zeigt so mögliche Störungen oder Beeinträchtigungen an. Liegt ein guter Grund vor, Kompressions-Strümpfe zu tragen, erhältst Du sie sogar auf Rezept.

Die Auswahl entsprechender Produkte reicht von klassischen Kniestrümpfen über halterlose Exemplare bis zu Strumpfhosen. Für Personen mit Funktionsproblemen im Oberschenkel gibt es spezielle Stulpen, die ausschließlich in diesem Bereich wirken.

Wichtig für die Anschaffung ist, dass Du Deine Beine vermessen lässt – denn nur exakt sitzende Kompressions-Strümpfe führen zum gewünschten Effekt. Sind sie zu eng, bereitet das Tragen Schmerzen; sind sie zu weit, bleibt die Wirkung auf Muskeln, Gelenke und Durchblutung aus. Da die Beine im Laufe des Tages immer etwas anschwellen, solltest Du den Vermessungs-Termin im Fachhandel möglichst auf die Morgenstunden legen.

Ein weiteres wichtiges Kriterium für die Auswahl von Kompressions-Strümpfen, -Strumpfhosen oder -Stulpen ist die Stärke. Je nach Modell drückt das Gewebe Deine Beine unterschiedlich fest zusammen – und das hat Auswirkungen auf den Effekt der Ware.

Tipps zum Einsatz von Kompressions-Strümpfen

Bei mäßiger Belastung wie Sitzen im Büro oder Flugzeug bzw. Wandern und Nordic Walking genügt ein Strumpf mit leichter Kompressions-Wirkung; doch je mehr der Sport Deinen Körper beansprucht, desto höher sollte der Druck sein. Für Disziplinen, die viel Ausdauer oder Kraft erfordern, empfehlen sich hohe Kompressions-Stärken mit entsprechend starker Leistung.

Sie können auch dann wirksam sein, wenn ein Wechsel zwischen Ruhe- und Bewegungsphasen bzw. zwischen unterschiedlichen Sportarten nötig ist. Beispiele hierfür sind Skilanglauf und Zielschießen beim Biathlon oder die Abfolge von Schwimmen, Radfahren und Laufen beim Triathlon.

Aber auch dort, wo Akteure viele kurze, heftige Aktionen ausführen, erfüllen stärkere Kompressions-Strümpfe ihren Zweck – wie etwa beim Sprint über das Fußballfeld oder bei den Kicks des Thai-Boxens.

Bei einfachen, nur wenig belastenden Bewegungsabläufen sind solche leistungsfördernden Hilfsmittel überflüssig. Gemütliches Radeln mit der Familie, zwei bis drei Bahnen im Schwimmbad oder entspannendes Yoga erfordern keine Kompressions-Strümpfe.

Unter bestimmten Voraussetzungen verbieten sie sich sogar ganz. Dazu gehören:

  • Durchblutungsstörungen der Arterien
  • Herz- oder Herzmuskelschwäche
  • Hautkrankheiten mit Absonderungen oder nässenden Ekzemen
  • Diabetes und damit einhergehende Polyneuropathie

Als Patient/-in mit diesen oder ähnlichen Leiden musst Du auf das Tragen von Kompressions-Strümpfen verzichten bzw. diesen Trend mit normalen Beinkleidern imitieren.

Weiterführende Links:

Bilder:

Photo by RUN 4 FFWPU from Pexels

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